Die Algorithmen von Websites und sozialen Netzwerken sorgen für das Phänomen der Informationsisolation. Sie bestätigen durch die entsprechende Selektion von Artikeln, Suchergebnissen und angebotenen Posts eigene Ansichten und sorgen so für ein Selbstbestätigungs-Bias in der Wahrnehmung.
Das Isolieren von Ansichten schadet der Vielfalt einer Demokratie. Diese lebt bekanntlich von dem Aufeinandertreffen unterschiedlicher Meinungen und der Konsensbildung. Der Mechanismus "These - Antithese - Synthese" wird von Informationsblasen ausgehebelt. Das kann demokratischen Prozessen nicht gut tun, da sich gesellschaftliche Fronten zunehmend verhärten.
Wir alle müssen raus aus den Filterblasen und wieder das Gespräch zu denen suchen, die andere Meinungsbilder vertreten. Dies wird auch deshalb erforderlich, weil die drängendsten Probleme unserer Zeit, wie Klimawandel, technologischer und in der Folge gesellschaftlicher Wandel, die zunehmende Drift zwischen arm und reich, zügigere, aber in der Konsequenz effizientere demokratische Prozesse erfordern.
Ein "Haus der Demokratie" sollte diesen Aspekt aufgreifen. Was sind Filterblasen überhaupt? Und wie gelingt der Weg aus den Filterblasen heraus? Wie kann man Menschen, die in extremistische Informationsblasen rutschen, wieder argumentativ gesellschaftlich integrieren? Wie kann man gerade Jugendlichen, aber auch den älteren Generationen Medienkompetenz vermitteln?
Das sind Fragen, die meiner Ansicht nach ein "Haus der Demokratie" beantworten können müsste. Zu den Formaten selbst habe ich noch keine Idee, insofern freue ich mich auf Kommentare und Ergänzungen.
Lothar
Als Anfang der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts Millionen Menschen gleichzeitig aus einem Apparat, an verschiedenen Orten, beispielsweise das Wort „Straßenbahn“ hören konnten, wurde es ihnen ermöglicht, mit anderen darüber zu kommunizieren. Ihre Ohren konnten das empfangen was ein Sender (Radioapparat) ihnen sandte. Der Sender indes konnte zeitgleich nichts von ihnen empfangen.
Anfang der 50er Jahre begann der immer schneller werdende Aufstieg des Fernsehens weltweit. Auch hier kann man zeitgleich nur Empfänger sein, aber niemals Sender.
Zeitgleich mit der radiotechnischen Entwicklung schlug R.L.A. Valtat 1931 das duale Zahlensystem ( Leibnitz!! ) für numerische Maschinen (Rechenmaschinen) vor. Nach einer rund 50 Jahre langen Schwangerschaft erblickte d a s das Licht der Welt, was Du mit dem Bergriff Filterblasen oder Informationsblase benennst.
In einer Filterblase findet das statt, was bislang unmöglich schien: Die Verschmelzung eines Menschen mit einer Maschine, das heißt beide können zeitgleich empfangen und senden. Und in dieser Blase ist es als Individuum zudem möglich, d i e Maschine zu wählen, mit der man am besten harmoniert – und genau so kann man punktgenau in eine „extremistische Informationsblase“ (<~~~~Deine Worte) hineinrutschen. Und man kann jederzeit ohne jedwede Schuldgefühle diese Blase verlassen. Sie schlagartig nicht mehr beachten (auf IGNO setzen).
Am Beispiel von Chatforen/Chaträumen, Whats up, FB, lässt sich das Gesagte gut versinnbildlichen…. Ein Mensch kommuniziert mittels virtueller Druckerschwärze mit einem anderen. Sobald es in der Kommunikation zu scheinbar unauflöslichen Widersprüchen kommt, verabschiedet man sich im besten Falle oder setzt diese Person wortlos auf IGNO – ------ und sucht sich eine neue Blase ( angeblich kommen solche Verhaltensweisen verstärkt in der Realität zum Tragen….Aufkündigung einer Freundschaft mittels SMS oder dergleichen ) .
Bloß als Hintergrundinfo: Der Anteil der Singlehaushalte in unserer Stadt ( bei rund 735 000 EW) beträgt 52,6 Prozent. Jeder dritte EW ist jünger als 30. In diesem Altersbereich sind die meisten Chatter und Singlehaushalte angesiedelt. Menschen also, die ebenso wie ältere alleinstehende Menschen affin (oder: anfällig) für Filterblasen sind /werden. So fühlen sie sich alle neben ihren Katzen oder Hunden nicht mehr ganz so allein.
Über einen langen Zeitraum der Nutzung einer Filterblase ( ~~~~>Bias), kann eine so starke seelische Bindung mit ihr entstehen, dass der User hier – stark überspitzt- eine emotionale Bindung aufbaut, die einer „idealen“ Freundschaft gleicht. Warum? Weil man sich immer gut miteinander versteht und wenn nicht, ist ein Klick später ein neuer Freund da („Der beste Gesprächspartner ever“).
Lässt sich eine solche Identifikation in der realen Welt häuslich nieder, kommt es bei manchen dieser Zeitgenossen (in der realen Welt), zu starken Irritationen, wenn diese mit einer Person aus Fleisch und Blut im öffentlichen Raum aufeinander treffen. Diese können so stark sein, dass ein ungescholtener Bürger plötzlich zu einem kleinen Ungeheuer gerieren kann. Beispiel aus meinem Leben: Ich fahre mit dem Rad aus einer Toreinfahrt heraus und stoße fast mit einem Radfahrer zusammen. Noch bevor ich um Verzeihung bitten konnte, stieg er ab und schrie aggressiv (am Lenker baumelte eine Aktentasche): „ Du Dreckschwein! Bleib stehen, ich steche dich ab. Ich hol mein Messer aus der Tasche. Ich steche dich ab! Bleib steh’n du Arsch.“
Und hier schließt sich der Kreis, den ich mit Deinen Worten schließen möchte:
„Wir alle müssen raus aus den Filterblasen und wieder das Gespräch zu denen suchen, die andere Meinungsbilder vertreten. Dies wird auch deshalb erforderlich, weil die drängendsten Probleme unserer Zeit, wie Klimawandel, technologischer und in der Folge gesellschaftlicher Wandel, die zunehmende Drift zwischen arm und reich, zügigere, aber in der Konsequenz effizientere demokratische Prozesse erfordern.“